Call zum Themenheft 13/3

"Institutionelle Differenzierung und Profilbildung im Hochschulbereich"

Herausgeber/in: Dieter Euler (Universität St. Gallen) & Barbara Sporn (WU Wien)
Erscheinungstermin: Oktober 2018

Zum Themenschwerpunkt

Mit der Expansion der postsekundären Bildung (sog. „Massification“) stellen sich für das Hochschulsystem insgesamt, aber auch für einzelne Hochschulen neue Herausforderungen im Spannungsfeld von Differenzierung und Profilbildung (ALTBACH et al., 2017). Mit der Bologna-Reform und der Steuerung über Leistungsvereinbarung und Hochschulprofilen verlieren tradierte Unterscheidungen etwa zwischen Fachhochschulen und Universitäten und ihren Studienabschlüssen an Einfluss. Zugleich zeigt sich eine zunehmende Heterogenität in der Studierendenschaft. Nicht allein der Ur-Typ der 18- bis 19-jährigen inländischen Maturantinnen/ Maturanten und Abiturientinnen/Abiturienten geht heute in eine Hochschule, sondern auch beruflich Qualifizierte mit beruflichen Erfahrungen, die alleinerziehende Mutter, die internationalen Gaststudierenden sowie Migrantinnen/Migranten mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Verankerungen.

Wie reagiert das Hochschulsystem als Ganzes auf diese Entwicklungen? Wie gehen unterschiedliche Hochschultypen mit dieser wachsenden Heterogenität um? Kommt es zu äußeren Differenzierungen mit unterschiedlichen Hochschultypen, oder vollziehen sich die Reaktionsmuster primär im Rahmen einer verstärkten Profilbildung innerhalb und zwischen Hochschulen?

Innerhalb des skizzierten Rahmens sind drei Entwicklungen von besonderem Interesse:

  1. Ausdehnung von privaten Hochschulen,
  2. Verbindung von akademischer und beruflicher Bildung,
  3. Profilbildung im Bereich von Studium und Lehre unterschiedlicher Hochschultypen.

(1) Ausdehnung von privaten Hochschulen

Auch wenn sich Größe und Bedeutung des privaten Hochschulsektors von Land zu Land unterscheiden, so kann in zahlreichen Ländern ein deutliches Wachstum beobachtet werden. So wirken in lateinamerikanischen Ländern viele private kirchliche Hochschulen, in anderen Ländern fallen (private) „Business Schools“ ins Auge. Ein weiterer Typus sind die forschungsstarken Eliteuniversitäten wie Stanford oder Harvard. Für Österreich und Deutschland sind private Hochschulen typisch, die sich auf wenige ausgewählte Fachrichtungen (z. B. Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Gesundheit) und bestimmte Studienformate (z. B. berufsbegleitend, onlinebasiert) konzentrieren.

Vor allem in Deutschland vollzog sich in den vergangenen beiden Dekaden im Hochschulbereich insgesamt eine zunehmende vertikale Differenzierung. In den Universitäten werden als Folge der Exzellenzinitiative sogenannte ‚Eliteuniversitäten‘ von ‚normalen‘ Universitäten abgegrenzt. Daneben stehen private Universitäten, die teilweise den Anspruch einer Spitzenuniversität verfolgen (z. B. ESMT – European School of Management and Technology, Bucerius Law School). Auf der Ebene der Fachhochschulen vollziehen sich gleichzeitig Konvergenz- und Differenzierungsbemühungen. Eine Konvergenz zwischen Fachhochschulen und Universitäten zeigt sich beispielsweise in den Bemühungen bestimmter Fachhochschulen, das Promotionsrecht zu erhalten bzw. sich verstärkt im Forschungsbereich zu profilieren. Differenzierungen sind erkennbar, wenn beispielsweise staatliche, zunehmend aber auch private Fachhochschulen in einem regionalen Umfeld in eng definierten Nischenmärkten, vielfach in enger Kooperation mit einer Branche, einem Verband oder gar einem Unternehmen, spezialisierte Studiengänge anbieten. Einige der privaten Hochschulen operieren auch überregional, so beispielsweise die mit über 39.000 Studierenden größte Hochschule FOM (Hochschule für Ökonomie und Management). Neben diesen Typen stehen spezifische Hochschulformen wie etwa die Fernuniversität, die Duale Hochschule oder die Berufsakademie. Innerhalb dieses Rahmens vollzog sich in den vergangenen zehn Jahren ein markantes Wachstum an privaten Hochschulen. 135 der 400 Hochschulen in Deutschland sind in privater Trägerschaft, an ihnen studieren ca. 8 % der Studierenden (AGBB, 2016, S. 124). In Österreich befinden sich 12 von 55 Hochschulen in privater Trägerschaft, dort studieren aber derzeit nur ca. 3 % der Studierenden (Österreichischer Wissenschaftsrat, 2016, S. 3).

(2) Verbindung von akademischer und beruflicher Bildung

In vielen europäischen Ländern hat sich am Übergang von beruflicher und akademischer Bildung ein Spektrum von Abschlüssen entwickelt, die zwischen der grundlegenden Berufsausbildung und dem Bachelor-Abschluss liegen. Beispiel Dänemark: Dort unterteilt sich der Tertiärbereich in drei Programmtypen: (1) „Short-cycle“-Programme über zwei bis 2,5 Jahre (120 ECTS) mit dem Abschluss von „academy professional degrees“; (2) „Medium-cycle“-Programme über drei bis vier Jahre, die zu einem beruflich ausgerichteten „professional bachelor“ führen; (3) „Long-cycle“-Programme in der Struktur der Bologna-Studienprogramme. Die unterschiedlichen Abschlüsse korrespondieren mit Hochschulprofilen, in denen die Schnittstellen zwischen (höherer) Berufsbildung und akademischer Bildung verschwimmen.

In Australien drängen staatliche und private Institute, die bislang primär in der beruflichen Bildung aktiv sind, in den akademischen Bereich und bieten Übergänge bis zu einem Bachelor-Abschluss an. Hochschulpolitisch ist dieses Bemühen deshalb interessant, weil sich die entwickelten Bachelor-Studiengänge curricular und methodisch-didaktisch ausdrücklich von den Studiengängen der Universitäten unterscheiden sollen. Sie sollen sich curricular weniger an den Strukturen wissenschaftlicher Disziplinen, sondern mehr an den anspruchsvollen Problemen der korrespondierenden Praxis ausrichten; methodisch-didaktisch soll das interaktive, problemorientierte und forschende Lernen im Mittelpunkt stehen. Für die Transformation der Institute in eine Hochschule stellt dies neue Herausforderungen.

(3) Profilbildung im Bereich von Studium und Lehre unterschiedlicher Hochschultypen

Aus der Binnenperspektive der pädagogischen Hochschulentwicklung stellt sich die Frage, ob die Prozesse der Profilbildung auch zu neuen Ansätzen in Studium und Lehre führen. So arbeiten beispielsweise ENGELKE et al. (2017) für die privaten Hochschulen in Deutschland fünf „Erfolgsfaktoren“ heraus, über die sich diese Hochschulen zu profilieren versuchen: Markt-, Praxis-, Bedarfs-, Ziel- und Studierendenorientierung. Viele Konkretisierungen hinter diesen Chiffren deuten auf Gestaltungsbereiche wie zielgruppennahe Betreuung, Verzahnung von Berufserfahrung und Studienprojekten, stärkere Betonung berufsqualifizierender Studienziele und -inhalte – Bereiche, die innovative Potenziale für die pädagogische Hochschulentwicklung besitzen.

In Österreich wurde vom Ministerium im ersten Halbjahr 2017 das Projekt „Zukunft Hochschule“ abgeschlossen. Dabei wurden folgende Ziele verfolgt:

  • das Ausbildungsprofil von Universitäten und Fachhochschulen ausprägen;
  • die arbeitsteilige bzw. komplementäre Strukturierung des Studienangebots;
  • die Durchlässigkeit innerhalb des tertiären Sektors stärken.

Anknüpfend an die skizzierten Entwicklungen können Beiträge u. a. Fragen wie die folgenden aufnehmen:

  • Welche Implikationen hat die Vielfalt an Typen für die Auslösung von Innovationen im Hochschulbereich? Fördert die Vielfalt Konkurrenz und Dynamik?
  • Inwieweit fördert die Vielfalt die Qualitätsentwicklung in Lehre und Studium?
  • Inwieweit lassen sich unterschiedliche Hochschulprofile unterscheiden, die heterogene Studienbedarfe und -interessen differenziert bedienen können?
  • Was bedeuten die Entwicklungen für die Abgrenzung bzw. die Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung?
  • Inwieweit erfolgen Prozesse der Differenzierung und Profilierung über didaktische Konzepte des Lehrens und Lernens?
  • Wie werden Innovationen in privaten Hochschulen strategisch geplant und implementiert?
  • Wie wirkt sich die zunehmende Differenzierung auf die Finanzierung von Hochschulen aus?

Literaturverzeichnis

Altbach, P. G., Reisberg, L. & de Wit, H. (2017). Responding to Massification. Differentiation in Post-secondary Education Worldwide. Boston Center for International Higher Education. Hamburg: Körber Stiftung.

AGBB – Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.) (2016). Bildung in Deutschland 2016. Bielefeld.

Engelke, J., Müller, U. & Röwert, R. (2017). Erfolgsgeheimnisse privater Hochschulen. Gütersloh: CHE.

Österreichischer Wissenschaftsrat (Hrsg.) (2016). Privatuniversitäten in Österreich. Wien.

Heureka 3/2017 – Themenheft „Differenzierung“.

BMWFW. Zukunft Hochschule. https://wissenschaft.bmwfw.gv.at/bmwfw/wissenschaft-hochschulen/zukunft-hochschule/

Hinweise zur Zeitschrift

Die ZFHE ist ein referiertes Online-Journal für wissenschaftliche Beiträge mit praktischer Relevanz zu aktuellen Fragen der Hochschulentwicklung. Der Fokus liegt dabei auf den didaktischen, strukturellen und kulturellen Entwicklungen in Lehre und Studium. Dabei werden in besonderer Weise Themen aufgenommen, die als innovativ und hinsichtlich ihrer Gestaltungsoptionen noch als offen zu bezeichnen sind.

Die ZFHE wird von einem Konsortium von europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herausgegeben. Weitere Informationen: http://www.zfhe.at.

Informationen zur Einreichung

Beiträge können in zwei unterschiedlichen Formaten in deutscher Sprache eingereicht werden:

Wissenschaftliche Beiträge: Wissenschaftliche Beiträge innerhalb des Schwerpunktthemas sollten folgende Kriterien erfüllen: Der Beitrag…

  • bietet innovative Perspektiven, Argumente, Problemanalysen etc. auf das Schwerpunktthema;
  • fokussiert wesentliche Aspekte des Schwerpunktthemas;
  • ist theoretisch fundiert, d. h. er bietet eine deutliche Anbindung an den wissenschaftlichen Diskurs zu dem bearbeiteten Thema;
  • bietet zumindest in Teilen einen Zugewinn an wissenschaftlichen Erkenntnissen;
  • macht die Methodik der Erkenntnisgewinnung transparent;
  • folgt konsistent einschlägigen Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • umfasst maximal 33.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Literatur- und Autorenangaben).

Werkstattberichte beziehen sich auf die instruktive Darstellung von Praxiserfahrungen, ‚Good Practice‘, Gestaltungskonzepten, Modellvorhaben etc. Werkstattberichte sollten folgende Kriterien erfüllen:

  • Potential zum Transfer auf andere Praxisbereiche;
  • Herausarbeitung generalisierbarer Aspekte und Faktoren im Sinne einer Theoriebildung;
  • Systematik und Transparenz der Darstellung (z. B. keine unverständlichen Hinweise auf Spezifika und Details in einem Praxisfeld);
  • konsistente Befolgung einschlägiger Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • Umfang von maximal 21.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Literatur- und Autorenangaben).

Zeitplan

6. April 2018 – Deadline zur Einreichung des vollständigen Beitrags: Ihre Beiträge laden Sie im ZFHE-Journalsystem (http://www.zfhe.at) unter der entsprechenden Rubrik (Wissenschaftlicher Beitrag, Werkstattbericht) der Ausgabe 13/3 in anonymisierter Form hoch; hierzu müssen Sie sich zuvor als „Autor/in“ im System registrieren.

22. Juni 2018 – Rückmeldung/Reviews: Wissenschaftliche Beiträge und Werkstattberichte werden in einem Double-blind-Verfahren beurteilt (s. u.).

27. Juli 2018 – Deadline Überarbeitung: Gegebenenfalls können Beiträge entsprechend Kritik und Empfehlungen aus den Reviews überarbeitet werden.

Oktober 2018 – Publikation: Im Oktober 2018 werden die finalisierten Beiträge unter http://www.zfhe.at publiziert und auch als Printpublikation erhältlich sein.

Review-Verfahren

Sämtliche eingereichten Beiträge werden in einem „double-blind“ Peer-Review-Verfahren auf ihre wissenschaftliche Qualität überprüft. Die Herausgeber/innen Heftes schlagen die Gutachter/innen für den jeweiligen Themenschwerpunkt vor und weisen die einzelnen Beiträge den Gutachterinnen und Gutachtern zu; sie entscheiden auch über die Annahme der Beiträge. Die Auswahl der Gutachter/innen und der Begutachtungsprozess werden bei jedem Themenheft jeweils von einem Mitglied des Editorial Boards begleitet.

Formatierung und Einreichung

Um bei der Formatierung der Beiträge wertvolle Zeit zu sparen, möchten wir alle Autorinnen und Autoren bitten, von Beginn an mit der Formatvorlage zu arbeiten, die auf der Homepage der ZFHE heruntergeladen werden kann:

http://www.zfhe.at/userupload/ZFHE_13-3_TEMPLATE.docx

Die Texte müssen bearbeitbar sein und z. B. in den Formaten Microsoft Word (.doc), Office Open XML (.docx), Open Document Text (.odt) oder als Plain Text (.txt) vorliegen; bitte keine PDF-Dateien einreichen. Die Beiträge werden zunächst in anonymisierter Fassung benötigt, um das Double-blind-Reviewverfahren zu gewährleisten. Bitte entfernen Sie hierzu sämtliche Hinweise auf die Autorinnen und Autoren aus dem Dokument (auch in den Dokumenteigenschaften!). Nach positivem Reviewergebnis werden diese Angaben wieder eingefügt.

Noch Fragen?

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an Dieter Euler (dieter.euler@unisg.ch) oder Barbara Sporn (barbara.schachermayer-sporn@wu.ac.at).
Bei technischen und organisatorischen Fragen wenden Sie sich bitte an Michael Raunig (office@zfhe.at).

Wir freuen uns auf Ihre Einreichung!

Dieter Euler (Universität St. Gallen)
Barbara Sporn (WU Wien)