Call zum Themenheft
Hochschulzugang und Studium nicht-traditioneller Studierender: Die Situation in Österreich, Deutschland und der Schweiz

Herausgeber*innen: Walburga Freitag (Hannover), Christian Kerst (Hannover), Jessica Ordemann (Hannover)
Erscheinungstermin: Dezember 2022
 

Zum Themenschwerpunkt

In Österreich, Deutschland, und der Schweiz (D-A-CH-Länder) berechtigen vorwiegend bestimmte Schulabschlüsse wie das Abitur, die Allgemeine Universitätsreife, die Maturität oder die Berufsmaturität zum Hochschulzugang. Über solche schulische Studienberechtigungen kommen die meisten Studierenden an die Hochschulen. In allen drei Ländern ist es jedoch auch ohne einen solchen Schulabschluss auf der Grundlage beruflicher Qualifikationen auf verschiedene Weise möglich, eine Hochschulzugangsberechtigung zu erhalten und sich für ein Studium zu bewerben. Dabei bestimmt in Deutschland das Abschlussniveau der beruflichen Qualifizierung, welche Studienfachrichtungen von den beruflich Qualifizierten gewählt werden können (fachgebundene oder allgemeine Hochschulzugangsberechtigung) und welche weiteren Voraussetzungen, wie z. B. Eignungsprüfungen, erfüllt werden müssen. Während in Deutschland ein Studium sowohl an Universitäten als auch an Fachhochschulen begonnen werden kann, stehen in Österreich und der Schweiz vor allem die Fachhochschulen für beruflich Qualifizierte ohne Universitätsreife oder Maturität offen, es gibt aber auch hier Ausnahmen wie u. a. die Studienberechtigtenprüfung oder die Berufsreifeprüfung in Österreich, in der Schweiz die „Passerelle“, das „sur dossier“ für das Studium an Fachhochschulen oder Aufnahmeprüfungen bzw. „spezielle Aufnahmen“ für ein Studium an einer Universität.

Studierende ohne schulische Studienberechtigung, die auf Grundlage ihrer beruflichen Qualifikation eine Berechtigung für ein Studium erhalten und ein Studium aufnehmen, bezeichnen wir als „nicht-traditionelle“ Studierende und verwenden diesen Begriff damit in einer engen Definition (vgl. Wolter et al., 2015; Slowey & Schuetze, 2012). Das Themenheft widmet sich institutionellen und individuellen Perspektiven auf den Hochschulzugang, das Studium und den Studienverlauf sowie den Übergängen nach dem Studienabschluss dieser Gruppe, wobei sowohl das grundständige Erststudium als auch die Beteiligung an weiterbildenden Studienangeboten (u. a. Studiengänge und Zertifikatsangebote) in den Blick genommen werden sollen. Gewünscht werden qualitative und/oder quantitative Studien.

Den D-A-CH-Ländern ist gemeinsam, dass nicht-traditionelle Studierende eine kleine Gruppe bilden. Sowohl aus biografischer und ungleichheitstheoretischer Perspektive, aber auch aus bildungs- und hochschulpolitischen Gründen sind die auch als Dritter Bildungsweg bezeichneten Optionen (Freitag, 2012) und diese Studierenden jedoch von Relevanz. Der Hochschulzugang für diese Gruppe ermöglicht es, Bildungsentscheidungen im Lebensverlauf zu korrigieren und flexibel auf berufliche Weiterbildungsbedarfe wie auf persönliches Bildungsinteresse zu reagieren. Ihr Studienzugang kann nicht nur zur sozialen Öffnung der Hochschulen (Wolter et al., 2015), sondern auch zur Stabilisierung der Studiennachfrage sowie zur Deckung eines erhöhten Fachkräftebedarfs beitragen. Nicht-traditionelle Studierende verkörpern zudem das Interesse am lebenslangen Lernen. Gleichwohl wird nach wie vor in der Bildungspolitik, aber auch von Hochschullehrenden die Frage gestellt, ob Studierende ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung ein Studium erfolgreich abschließen und in welcher Weise sie dabei unterstützt werden können.

Zwei Betrachtungsebenen können sowohl im Vergleich zwischen den D-A-CH-Ländern als auch auf der jeweiligen Länder- oder Hochschulebene in den Blick genommen werden: die institutionelle und die individuelle Ebene. Institutionell stellen sich Fragen wie:

  • Welche Regelungen zum Hochschulzugang ohne schulische Studienberechtigung gibt es in den drei Ländern, in welchem Maße werden sie in Anspruch genommen und welchen zeitlichen Aufwand erfordern sie?
  • Wie werden die Regelungen in den Bundesländern bzw. Kantonen und an den Hochschulen umgesetzt? Gibt es dabei Unterschiede zwischen dem grundständigen Studium und weiterbildenden Studienangeboten (und innerhalb der weiterbildenden Studienangebote z. B. zwischen Studiengängen, Zertifikatskursen und deren mögliche Akkumulation zu Studiengängen)?
  • Mit welchen Begründungen werden welche Beratungs- und Unterstützungsangebote für die Zielgruppe eingerichtet und wie bewähren diese sich?
  • In welche Hochschulen schreiben sich viele beruflich Qualifizierte ein und warum? Sind die Hochschulen „offener“ und werben um die Zielgruppe oder gibt es eine höhere Passfähigkeit des Studienangebots oder der Studienformen?

Mit Blick auf individuelle Entscheidungen und Bildungsverläufe könnten folgende Themen Gegenstand von Beiträgen sein, wobei ein Vergleich mit anderen Studierendengruppen besonders interessant ist:

  • Was sind die Studienmotive nicht-traditioneller Studierender, wie gelangen sie zur Studienentscheidung und wie gestaltet sich der Übergang in die Hochschule?
  • Unterscheiden sich die Studienmotive, -verläufe und -erfahrungen oder Unterstützungsbedarfe zwischen grundständigem und weiterbildendem Studium?
  • Wie verläuft das Studium und wird das Studium erfolgreich abgeschlossen? Zeigen sich in Deutschland Effekte eines geregelten Probestudiums?
  • In welchem Maße und mit welchen Motiven erfolgt ein Übergang vom Bachelor in den Master oder eine Promotion?
  • Wie gestaltet sich der Übergang in den Beruf und welche beruflichen Erträge erzielen Hochschulabsolvent*innen ohne schulische Studienberechtigung?

 

Literatur

Freitag, W. (2012). Zweiter und Dritter Bildungsweg in die Hochschule. Forschungsstand und Forschungsbedarfe. Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 253. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung.

Slowey, M. & Schuetze, H. (Hrsg.) (2012). Global Perspectives on Higher Education and Lifelong Learners. London: Routledge.

Wolter, A., Dahm, G., Kamm, C., Kerst, C. & Otto, A. (2015). Nicht-traditionelle Studierende in Deutschland: Werdegänge und Studienmotivation. In U. Elsholz (Hg.), Beruflich Qualifizierte im Studium: Analysen und Konzepte zum Dritten Bildungsweg (S. 11–33). Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag.

 

Hinweise zur Zeitschrift

Die ZFHE ist ein referiertes Online-Journal für wissenschaftliche Beiträge mit praktischer Relevanz zu aktuellen Fragen der Hochschulentwicklung. Der Fokus liegt dabei auf den didaktischen, strukturellen und kulturellen Entwicklungen in Lehre und Studium. Dabei werden in besonderer Weise Themen aufgenommen, die als innovativ und hinsichtlich ihrer Gestaltungsoptionen noch als offen zu bezeichnen sind.

Die ZFHE wird von einem Konsortium von europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herausgegeben. Weitere Informationen: https://www.zfhe.at.

Informationen zur Einreichung

Beiträge können in zwei unterschiedlichen Formaten in deutscher oder englischer Sprache eingereicht werden:

Wissenschaftliche Beiträge: Wissenschaftliche Beiträge innerhalb des Schwerpunktthemas sollten folgende Kriterien erfüllen: Der Beitrag…

  • bietet innovative Perspektiven, Argumente, Problemanalysen etc. auf das Schwerpunktthema;
  • fokussiert wesentliche Aspekte des Schwerpunktthemas;
  • ist theoretisch fundiert, d. h. er bietet eine deutliche Anbindung an den wissenschaftlichen Diskurs zu dem bearbeiteten Thema;
  • bietet zumindest in Teilen einen Zugewinn an wissenschaftlichen Erkenntnissen;
  • macht die Methodik der Erkenntnisgewinnung transparent;
  • folgt konsistent einschlägigen Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • umfasst maximal 33.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Abstracts, Literatur- und Autorenangaben).

Werkstattberichte beziehen sich auf die instruktive Darstellung von Praxiserfahrungen, ‚Good Practice‘, Gestaltungskonzepten, Modellvorhaben etc. Werkstattberichte sollten folgende Kriterien erfüllen:

  • Potential zum Transfer auf andere Praxisbereiche;
  • Herausarbeitung generalisierbarer Aspekte und Faktoren im Sinne einer Theoriebildung;
  • Systematik und Transparenz der Darstellung (z. B. keine unverständlichen Hinweise auf Spezifika und Details in einem Praxisfeld);
  • konsistente Befolgung einschlägiger Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • Umfang von maximal 21.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Abstracts, Literatur- und Autorenangaben).

Zeitplan

  1. Juni 2022 – Deadline zur Einreichung des vollständigen Beitrags: Ihre Beiträge laden Sie im ZFHE-Journalsystem (https://www.zfhe.at) unter der entsprechenden Rubrik (Wissenschaftlicher Beitrag, Werkstattbericht) der Ausgabe 17/4 in anonymisierter Form hoch; hierzu müssen Sie sich zuvor als „Autor/in“ im System registrieren.
  2. September 2022 – Rückmeldung/Reviews: Wissenschaftliche Beiträge und Werkstattberichte werden in einem Double-blind-Verfahren beurteilt (s. u.).
  3. Oktober 2022 – Deadline Überarbeitung: Gegebenenfalls können Beiträge entsprechend Kritik und Empfehlungen aus den Reviews überarbeitet werden.

Dezember 2022 – Publikation: Im Dezember 2022 werden die finalisierten Beiträge unter https://www.zfhe.at publiziert und auch als Printpublikation erhältlich sein.

Review-Verfahren

Sämtliche eingereichten Beiträge werden in einem „double-blind“ Peer-Review-Verfahren auf ihre wissenschaftliche Qualität überprüft. Die Herausgeber*innen eines Heftes schlagen die Gutachter*innen für den jeweiligen Themenschwerpunkt vor und weisen die einzelnen Beiträge den Gutachter*innen zu; sie entscheiden auch über die Annahme der Beiträge. Die Auswahl der Gutachter*innen und der Begutachtungsprozess werden bei jedem Themenheft jeweils von einem Mitglied des Editorial Boards begleitet.

Formatierung und Einreichung

Um bei der Formatierung der Beiträge wertvolle Zeit zu sparen, möchten wir alle Autorinnen und Autoren bitten, von Beginn an mit der Formatvorlage zu arbeiten, die auf der Homepage der ZFHE heruntergeladen werden kann:

https://www.zfhe.at/userupload/ZFHE_17-4_TEMPLATE_de.docx

https://www.zfhe.at/userupload/ZFHE_17-4_TEMPLATE_en.docx

Die Texte müssen bearbeitbar sein und z. B. in den Formaten Microsoft Word (.doc), Office Open XML (.docx), Open Document Text (.odt) oder als Plain Text (.txt) vorliegen; bitte keine PDF-Dateien einreichen. Die Beiträge werden zunächst in anonymisierter Fassung benötigt, um das Double-blind-Reviewverfahren zu gewährleisten. Bitte entfernen Sie hierzu sämtliche Hinweise auf die Autorinnen und Autoren aus dem Dokument (auch in den Dokumenteigenschaften!). Nach positivem Reviewergebnis werden diese Angaben wieder eingefügt.


Noch Fragen?

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an Walburga Freitag (freitag@dzhw.eu), Christian Kerst (kerst@dzhw.eu) oder Jessica Ordemann (ordemann@dzhw.eu).
Bei technischen und organisatorischen Fragen wenden Sie sich bitte an Elisabeth Stadler (office@zfhe.at).

 

Wir freuen uns auf Ihre Einreichung!

Walburga Freitag, Christian Kerst & Jessica Ordemann