Call zum Themenheft

Akademische Kultur und Wissenschaftsfreiheit angesichts der Digitalisierung von Lehren und Lernen

Herausgeber*innen: Ines Langemeyer (Karlsruhe), Ernst Schraube (Roskilde) & Peter Tremp (Luzern)

Erscheinungstermin: Oktober 2022

 

Zum Themenschwerpunkt

Die Erfahrungen der Covid-19-Pandemie haben den Einsatz digitaler Medien in Lehre und Studium stark befördert, die Vor-Ort-Präsenz von Lehrenden und Studierenden war über längere Zeit verunmöglicht. Damit haben sich nicht nur Lehr- und Studiensettings verändert, sondern auch das Selbstverständnis von Hochschulen.

Insbesondere stellen sich Fragen zu den Implikationen dieser – nun beschleunigten – digitalen Transformation auf die akademische Kultur. Viele Hochschulen haben entsprechende Befragungen durchgeführt und Folgerungen abgeleitet. Von manchen wird vermutet, dass (nicht-digitale, physische) Präsenz ein Kernelement akademischer Kultur darstellt. Es wird auch diskutiert, dass eine Dominanz von bloßem Wissenstransfer über digitale Technologien noch einmal die „Lernifizierung“ von Bildung befördere, d. h. eine Kanalisierung des Geschehens auf abtestbare Ergebnisse von Lehr-Lern-Interaktionen. Andere sprechen hingegen von einer „post-digitalen Bildung“, womit die Blickrichtung umgedreht wird, dass ohnehin wesentliche Teile des Lebens von der Digitalisierung durchzogen sind und insofern nur noch der Ausfall digitaler Dienste und Funktionen ins Bewusstsein dringt. Bislang bleibt unklar, wie sich die Hochschulkultur der Zukunft denken lässt, ob etwa insgesamt die Pluralität der Wissenschaften, ihre Erkenntnisformen und ihre reflexiv-selbstkritische Praxis leiden oder bereits neue vielversprechende kulturelle Entwicklungen sich abzeichnen. Angesprochen sind damit insbesondere die Realisierungsformen von Lehre und Studium in digitalen Settings. Eröffnen sich hier neue Möglichkeiten einer reflexiven Wissenschaftspraxis oder sind eher neue Beschränkungen zu beobachten?

Zudem ergeben sich auch rechtliche Fragen: Welche Aktivitäten dürfen in digitaler Form gespeichert werden? Wie gewahrt man die Privatsphäre, wenn Arbeits- und Lernräume im eigenen Zuhause sind? Wie können Prüfungen sachgerecht und datenschutzrechtlich korrekt durchgeführt werden? Und was macht dies alles mit unserer akademischen Kultur?

Darüber hinaus stellen sich auch grundsätzlichere Fragen zu Verständnis und Praxis der verfassungsrechtlich garantierten akademischen Freiheit angesichts digitaler Transformationsprozesse. Diese Freiheit schützt nicht zuletzt eine diskursiv-offene Hochschulkultur. Was nun, wenn alles (auch das Vorläufige, Unfertige und zum Ausprobieren Artikulierte) aufgezeichnet wird, wenn alles aus dem Kontext dieser Kultur herausgelöst werden kann, wenn Praktiken in Datenspuren gespeichert sind und wenn alles zu „Open Science“ strebt?

Das geplante Themenheft greift folgende Fragen auf:

  • Die Lehr- und Studienbedingungen verändern sich mit digitalen Transformationsprozessen gründlich. In welchem Bezug stehen diese Veränderungen zu Fragen der akademischen Kultur und Wissenschaftsfreiheit? Welche neuen Fragen tauchen auf, welche neuen Antworten werden sichtbar?
  • Wie bilden sich Urteile und Meinungen im Rahmen digitalisierter Kommunikation und Informationssuche? Werden Reflexionen wissenschaftlicher Erkenntnis eingeschränkt oder in neuen Formaten erneuert und erweitert?
  • Werden im Lehr-Lern-Geschehen noch Meinungen „frei“ geäußert oder gibt es mehr Selbstzensur, wenn dieses Ereignis eine digitale Spur hinterlässt? Wie verändert sich das Verständnis von „Frei-Sein“ in digitalen Räumen? Welche äußere und innere Unabhängigkeit braucht es in diesen Verhältnissen? Wie und worin wird wissenschaftliche Freiheit erfahrbar?
  • Wie verändern sich inhaltliche Gestaltungsräume für Studierende? Werden die Studieninhalte durch die Digitalisierung in neuer Form festgezurrt oder eröffnen sich neue Möglichkeiten partizipativen, problem-orientierten und forschungsbezogenen Lernens? Wie verändern digitale Technologien die Möglichkeiten des Dialogs, des Ausprobierens und der Zusammenarbeit in der Praxis des Lernens und Studierens?
  • Wie verändern sich die Verantwortung, das Verantwortungsbewusstsein von Studierenden und Lehrenden gegenüber der Wissenschaft? Welche Freiheiten im Dienst der Wissenschaft sind zwischen Lehrenden und Studierenden noch verhandelbar?

Empirische Studien und Case Studies sind ebenso willkommen wie theoretisch-philosophische Erörterungen.

Literatur

Arnold, M. & Fischer, M. (Hrsg.) (2004). Disziplinierungen. Kulturen der Wissenschaft im Vergleich. Wien: Turia & Kant. 

Biesta, G. J. J. (2010). Good Education in an Age of Measurement. London: Routledge.

Castañeda, L. & Selwyn, N. (2018). More than tools? Making sense of the ongoing digitizations of higher education. International Journal of Educational Technology in Higher Education, 15, 1–10. https://doi.org/10.1186/s41239-018-0109-y

Demantowsky, M., Lauer, G., Schmidt, R. & te Wildt, B. (2020). Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen? Einwürfe und Provokationen. De Gruyter. https://library.oapen.org/bitstream/handle/20.500.12657/40142/9783110673265.pdf?sequence=1

Huber, L. (2016). Lernfreiheit, Lehrfreiheit und Anwesenheitspflicht. die hochschule, 2, 81–93.

Selwyn, N. (2014). Digital Technology and the Contemporary University. London: Routledge.

Stichweh, R. (2016). Akademische Freiheit in europäischen Universitäten. Zur Strukturgeschichte der Universität und des Wissenschaftssystems. die hochschule, 2, 19–36.

Stanisavljevic, M. & Tremp, P. (Hrsg.) (2020). (Digitale) Präsenz – Ein Rundumblick auf das soziale Phänomen Lehre. Luzern: Pädagogische Hochschule Luzern. https://zenodo.org/record/4291793#.YXF9mhxCRPY

 

Hinweise zur Zeitschrift

Die ZFHE ist ein referiertes Online-Journal für wissenschaftliche Beiträge mit praktischer Relevanz zu aktuellen Fragen der Hochschulentwicklung. Der Fokus liegt dabei auf den didaktischen, strukturellen und kulturellen Entwicklungen in Lehre und Studium. Dabei werden in besonderer Weise Themen aufgenommen, die als innovativ und hinsichtlich ihrer Gestaltungsoptionen noch als offen zu bezeichnen sind.

Die ZFHE wird von einem Konsortium von europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herausgegeben. Weitere Informationen: https://www.zfhe.at.

 

Informationen zur Einreichung

Beiträge können in zwei unterschiedlichen Formaten in deutscher oder englischer Sprache eingereicht werden:

Wissenschaftliche Beiträge: Wissenschaftliche Beiträge innerhalb des Schwerpunktthemas sollten folgende Kriterien erfüllen: Der Beitrag…

  • bietet innovative Perspektiven, Argumente, Problemanalysen etc. auf das Schwerpunktthema;
  • fokussiert wesentliche Aspekte des Schwerpunktthemas;
  • ist theoretisch fundiert, d. h. er bietet eine deutliche Anbindung an den wissenschaftlichen Diskurs zu dem bearbeiteten Thema;
  • bietet zumindest in Teilen einen Zugewinn an wissenschaftlichen Erkenntnissen;
  • macht die Methodik der Erkenntnisgewinnung transparent;
  • folgt konsistent einschlägigen Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • umfasst maximal 33.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Literatur- und Autorenangaben).

Werkstattberichte beziehen sich auf die instruktive Darstellung von Praxiserfahrungen, ‚Good Practice‘, Gestaltungskonzepten, Modellvorhaben etc. Werkstattberichte sollten folgende Kriterien erfüllen:

  • Potential zum Transfer auf andere Praxisbereiche;
  • Herausarbeitung generalisierbarer Aspekte und Faktoren im Sinne einer Theoriebildung;
  • Systematik und Transparenz der Darstellung (z. B. keine unverständlichen Hinweise auf Spezifika und Details in einem Praxisfeld);
  • konsistente Befolgung einschlägiger Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • Umfang von maximal 21.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Literatur- und Autorenangaben).

Zeitplan

4. Juli 2022 – Deadline zur Einreichung des vollständigen Beitrags: Ihre Beiträge laden Sie im ZFHE-Journalsystem (https://www.zfhe.at) unter der entsprechenden Rubrik (Wissenschaftlicher Beitrag, Werkstattbericht) der Ausgabe 17/3 in anonymisierter Form hoch; hierzu müssen Sie sich zuvor als „Autor/in“ im System registrieren.

Juli/August 2022 – Rückmeldung/Reviews: Wissenschaftliche Beiträge und Werkstattberichte werden in einem Double-blind-Verfahren beurteilt (s. u.).

5. September 2022 – Deadline Überarbeitung: Gegebenenfalls können Beiträge entsprechend Kritik und Empfehlungen aus den Reviews überarbeitet werden.

Oktober 2022 – Publikation: Im Oktober 2022 werden die finalisierten Beiträge unter https://www.zfhe.at publiziert und auch als Printpublikation erhältlich sein.

 

Review-Verfahren

Sämtliche eingereichten Beiträge werden in einem „double-blind“ Peer-Review-Verfahren auf ihre wissenschaftliche Qualität überprüft. Die Herausgeber/innen Heftes schlagen die Gutachter/innen für den jeweiligen Themenschwerpunkt vor und weisen die einzelnen Beiträge den Gutachterinnen und Gutachtern zu; sie entscheiden auch über die Annahme der Beiträge. Die Auswahl der Gutachter/innen und der Begutachtungsprozess werden bei jedem Themenheft jeweils von einem Mitglied des Editorial Boards begleitet.

 

Formatierung und Einreichung

Um bei der Formatierung der Beiträge wertvolle Zeit zu sparen, möchten wir alle Autorinnen und Autoren bitten, von Beginn an mit der Formatvorlage zu arbeiten, die auf der Homepage der ZFHE heruntergeladen werden kann:

https://www.zfhe.at/userupload/ZFHE_17-3_TEMPLATE_de.docx

https://www.zfhe.at/userupload/ZFHE_17-3_TEMPLATE_en.docx

Die Texte müssen bearbeitbar sein und z. B. in den Formaten Microsoft Word (.doc), Office Open XML (.docx), Open Document Text (.odt) oder als Plain Text (.txt) vorliegen; bitte keine PDF-Dateien einreichen. Die Beiträge werden zunächst in anonymisierter Fassung benötigt, um das Double-blind-Reviewverfahren zu gewährleisten. Bitte entfernen Sie hierzu sämtliche Hinweise auf die Autorinnen und Autoren aus dem Dokument (auch in den Dokumenteigenschaften!). Nach positivem Reviewergebnis werden diese Angaben wieder eingefügt.

 

Noch Fragen?

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an Ines Langemeyer (ines.langemeyer@kit.edu), Ernst Schraube (schraube@ruc.dk) oder Peter Tremp (peter.tremp@phlu.ch).

Bei technischen und organisatorischen Fragen wenden Sie sich bitte an Elisabeth Stadler (office@zfhe.at).

 

Wir freuen uns auf Ihre Einreichung!

Ines Langemeyer, Ernst Schraube & Peter Tremp